Test: Tekken 7 (PC/PS4)

Tekken 7 Review Cover

Bisher durften PlayStation-4-Spieler sich mit Street Fighter V, Mortal Kombat und Injustice herumherprügeln. PC-User hatten aufgrund der “Abwärtskompatibilität” weitaus mehr Beat ’em Up-Zugriff. Der Platzhirsch Tekken 7, zwar schon seit 2015 in Japans Arcade-Spielhallen verfügbar, aber ließ auf sich warten, schlägt nun zurück und bietet gewohnte Tekken-Action mit Verbesserungen im Detail.

Was macht eigentlich den Reiz eines Tekkens (oder Beat ’em Ups) aus? Es ist die Intensität der Kämpfe, die die Spieler am Stick, Hitbox und Pad zum Schwitzen bringen. Ein Moment der Unachtsamkeit und der Gegner startet seine Combo. Seine Moves beherrscht er mit einer Fehlerquote von nur fünf Prozent und fängt an zu jonglieren. Im eSport-Bereich ist das der Moment, in dem die Zuschauer toben. Jetzt heißt es Ruhe bewahren am Eingabegerät. Mit nur noch einen halben Zentimeter Lebensenergie schaffst du es seinen Flow zu unterbrechen, startest selbst eine Kombo und blockst geschickt. Seine Energie: so gering wie deine. Jetzt wird vorsichtig taktiert, jeder kleinste Treffer könnte der letzte sein. Block unten, Block oben und wieder auf Abstand. Jetzt riskieren es beide und schlagen nahezu gleichzeitig zu. Ein neues Feature in Tekken 7: Das Spielgeschehen verlangsamt, die Kamera zoomt heran, um die Spannung noch zu erhöhen; den Moment des Treffers herauszögern. Alle Eingaben wurden gemacht, in Spielerhand liegt nichts mehr. Es zählt nur noch, wessen Move weniger Frames hat—also schneller ist.

Tekken 7 Asuka

So ließen sich viele Matches im neusten Ableger beschreiben, wenn beide Spieler auf ähnlichem Niveau spielen. Das wahllose Tastengedrücke sorgt bei Neulingen für anfänglichen Spaß und Motivation bei vielen Charakteren, die scheinbar mühelos die fettesten Combos auspacken, gegen die man oft machtlos erscheint. Vor allem dann, wenn sie auf Abruf ausführbar sind: die ersten Schritte zum Erlernen der Mechaniken—die hier unglaublich Komplex sind. Alleine über das korrekte Aufstehen, nachdem die Spielfigur am Boden lag, gibt es etliche Tutorials auf YouTube.

Tekken 7 Feng

Das Schöne an Tekken 7 ist, dass es so wissenschaftlich gar nicht sein muss. Vieles klingt zwar sehr theoretisch, ist aber durch einfaches Üben in Form von Wiederholungen erlernbar. Move und Rhythmus gehen ins Muskelgedächtnis über wie die PIN-Nummer am Bankautomat, die nur eine Abfolge von konditionierten Fingerbewegungen ist. Jeder Spieler verwendet bestimmte Muster, die es zu Erkennen gilt, um so die Lücken für einen Konter auszunutzen; eine ganze Kombo oder nur ein schneller “Punisher”. Das Ziel ist, seine eigenen Muster so variantenreich und undurchschaubar für den Gegner wie möglich zu machen (das s.g. Mix-Up), um eben solche Lücken zu verstecken oder das Zeitfenster für einen Konter so klein wie möglich zu halten.

Tekken 7 Asuka Kazama

Jeder Kämpfer hat jedoch seine eigenen Combos und Moves, und nicht jedes Muster kann sofort durchschaut werden. Einige Angriffe täuschen andere Richtungen an, oder beginnen mit einer Ausweichbewegung oder haben eine erschreckend hohe Reichweite, für die man erst einmal ein Distanzgefühl entwickeln muss.

Da soweit alles bekannt ist, ist die Frage nach Neuerungen berechtigt. Das Spiel erfindet nichts neu, poliert und schleift jedoch an vielen Details. Wie gewohnt bekommt jeder Charakter zwei, drei neue Moves—auf die man sich einstellen muss—und die damit etwas mehr Dynamik in die Arenen bringen. Dazu kommt eine neue Gameplay-Mechanik mit dem treffenden Namen “Rage Art”. Denn richtig ausgeführt, landet euer Kämpfer eine Abfolge von gepfefferten Schlägen, die teuflisch viel Energie abziehen und der Gegner nichts weiter tun kann, als der Cutscene zuzusehen, die für meinen Geschmack den Spielfluss etwas zu sehr unterbricht. Gegen Rage Art hilft nur blocken, da dieser Angriff nicht durch eintreffenden Schaden blockiert werden kann. Definitiv Geschmackssache, vor allem für die Puristen und Traditionalisten.

Tekken 7

Eine spannende Neuerung hingegen, ist der Slow-Motion-Effekt, den ich bereits eingangs erwähnte. Da es sich in den meisten Fällen um den letzten Schlag handelt, der für jeden der beiden Kämpfern das Aus bedeuten kann, wird hier kein Spielfluss unterbrochen. Gespannt sitzen Spieler und Zuschauer vor dem Monitor oder Fernseher, um die Entscheidung des besser getimten Moves entgegenzufiebern.

Tekken 7 Asuka vs. Bob

Eine Verbesserung der Bedienbarkeit betrifft endlich die Controller-Einstellungen. Hier müssen nun nicht mehr umständlich Abkürzungen wie SR+TL oder TR+SL durchgeschaltet werden, wenn man sich die Schultertasten belegt. Das Menü zeigt direkt die möglichen Tastenkombinationen (z.B. Viereck + Kreis bzw. 1 + 4), dann einer beliebigen Taste auf dem Controller zugeordnet werden kann. So ganz bekommt Tekken 7 es aber immer noch nicht hin, eine überall benutzerfreundliche Erfahrung zu bieten.

Tekken 7 Kasumi

Das fängt damit an, dass Spieler 2 im Offline-Multiplayer die letzte Wurst ist—die Worte eines guten Freundes. Tatsache. Spieler 2 kann sich kaum mehr als ein Gast fühlen. Das fängt damit an, dass Spieler 2, trotz entsprechend auf der PlayStation eingeloggtes Profil, keinen Zugriff auf seine Charakteranpassungen im Offline-Versus-Kampf hat.

Außerdem kann er seine Controller-Einstellungen nur im Versus-Kampf anpassen. Da das Spiel die Controller-Anpassung für jeden Spielmodus benötigt und nicht global übernimmt, selbst wenn es vorher direkt in den Optionen eingestellt wurde, ist dies auch für den Trainingsmodus notwendig. Nur hat dort Spieler 2 keinerlei Möglichkeiten die Controller-Optionen aufzurufen—obwohl auf dem Bildschirm noch Platz genug wäre, wenn Spieler 1 seine Einstellungen anpassen will. Schultertasten bleiben somit für den Gast unbrauchbar.

Tekken 7 Asuka

Weiterhin bleibt euch nichts anderes übrig als das Spiel zu beenden, falls sich im Versus-Modus—dazu gehört auch noch die Charakter-Auswahl—ein Spieler ausklinkt, seinen Controller entfernt und nach Hause geht. Eine für euch nicht mehr wegdrückbare Meldung erscheint, dass doch Spieler 1 bzw. 2 seinen Controller wieder anschließen soll. Yikes!

Wenn wir aber schon im Charakter-Auswahl-Bildschirm hängen, bemerken wir wenigstens wie (gewohnt) riesig die Auswahl an Kämpfern ist. Die, wie nicht anders zu erwarten, design-technisch auch typisch japanisch sind. Von einigermaßen authentisch, bishin zu völlig abgedreht ist alles vorhanden. So ganz ernst darf man das Design nicht nehmen, vor allem wenn Charaktere Bonsai-Bäume, Frösche oder anderes Gedöns auf ihren Köpfen tragen (können) und einen gewissen Faible, oder wenigstens Toleranz dem gegenüber, sollte man mitbringen. Skurrilitäten gehören wohl einfach zu asiatischen Spielen dazu.

Tekken 7 Red Moob

Das beste Grafikerlebnis bekommt ihr auf dem PC präsentiert (von dieser Version stammen hier die Screenshots). Das Spiel bietet potentiell höhere Auflösungen sowie bessere Anisotrope Filterung als auf der PlayStation 4. Mittels kleiner Anpassung einer *.ini-Datei können auch ‘Film Grain’ und ‘Chromatische Aberration’ entfernt werden, um so einen sauberen Look zu erhalten. Dazu lässt sich im Spiel die Bewegungsunschärfe in vier Stufen regulieren, wovon eine sie komplett deaktiviert. Dann könnt ihr die klaren Konturen, schicken Texturen und vor allem die Partikeleffekte, die immens davon und von höheren Auflösungen profitieren, bestaunen.

Tekken 7 Double KO

Für Neulinge wird es immer ein Button-Mash-Festival bleiben, die deshalb aber auch ihren Spaß mit diesem Spiel haben können und spannende Matches erleben. Für ambitioniertere Spieler wird es noch intensiver und Tekken 7 offenbart sein völliges Suchtpotential, das erst gesättigt ist, wenn das Pad wegen Abnutzungserscheinungen am Daumen aus der Hand gelegt wird. Mängel hin oder her, das Gekloppe macht einfach Laune. Grundsätzlich solltet ihr euch die Frage stellen, ob Fighting-Games etwas für euch sind. Wenn ihr einfach nur eins da haben wollt für den Fall, dass mal ein Kumpel vorbeischaut und ihr spontan Lust auf eine Klopperei bekommt, dann werdet ihr sicher euren Spaß mit Tekken haben, aber den aktuellen Preis noch zu hoch finden. Fans können bedenkenlos zuschlagen und haben das Spiel sicher eh schon auf dem Schirm.

Tekken 7 ist erhältlich via Steam für 49,99 EUR und PlayStation Store und Xbox Live für 69,99 EUR.

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