Test: Mafia III

Mafa 3 PC Review Key Art

Rassismus, mafiöse Verbindungen, Mord, Rache und 60er Jahre Rockmusik: das ist Mafia III. Nach fast genau sechs Jahren bekommen wir endlich einen Nachfolger zu Mafia II. Doch der dritte Teil, so inspirierend und interessant er auch anfängt, ist von einem großen Problem geplagt.

Wir spielen den jungen Afroamerikaner Lincoln Clay. Anders als bei Grand Theft Auto: San Andreas damals, wird hier nichts parodiert. Das Spiel bleibt auf den Teppich. Soweit man das von einer Story behaupten kann, die dem uralten, aber stets bewährtem Prinzip der Rache nachgeht und Mord und Explosionen auf der Tagesordnung stehen. Die stellenweise nichtlineare Erzählkunst von Mafia III, sowie die Inszenierung der einzelnen Zwischensequenzen und die Auftritte der einprägsamen Charaktere sind markant und hervorragend ausgearbeitet. Die Musik passt stets zum Gezeigten und die Schnitte der im 60er-Jahre-Stil gehaltenen Sequenzen vermitteln hier ein packendes Kinogefühl. Leider lässt diese außerordentliche Präsentation nach der Einleitung schnell nach.

Zum Beginn der Geschichte werden Personen aus Lincolns Umfeld befragt, die etwas Klarheit über Ereignisse, in denen unser Protagonist verwickelt war, verschaffen sollen. Zwischen den Befragungen spielen wir in der Rückblende Schlüsselszenen aus Lincolns Leben, die anschließend von einem leitenden Ermittler interview-artig kommentiert werden. Hier macht das Spiel einen bereits neugierig. Ich will wissen, was genau vorgefallen ist und wo die Reise hinführt. Also spielen wir am besten eine Story-Mission nach der anderen und lassen die Nebenmissionen links liegen.

Die erste Mission besteht darin, grob beschrieben, in eine bundespolizeiliche Einrichtung einzudringen und dort gelagertes Geld zu stehlen. Anschließend gibt’s eine Flucht mit einem Schnellboot, und ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei durch die Straßen, auf denen Faschingsfeiern stattfinden. Diese Mission könnte aus Mafia I oder seinem Nachfolger stammen. Eine eng gestrickte und spannungsgeladene Geschichte, die unmittelbar in die Gameplay-Ebene eingreift und uns an und durch ganz bestimmte Orte und Ereignisse führt. Kurzum: Missionen sind gescriptet. Das soll in dieser Art und Weise eine der äußerst wenigen Missionen in Mafia III bleiben.

Mafia 3 shotgun Lincoln Clay

Denn die Aufgaben der Hauptstory sind Wiederholungen in Reinform mit katastrophalen Ausmaßen. Wir kehren immer wieder an bereits bekannte Orte zurück, nur um dort noch einmal alles umzuballern, was uns vor die Flinte läuft. Denn Lincolns Ziel ist es, sich einen Gangster nach dem anderen vorzuknöpfen. Doch die sind nicht sofort erreichbar, sondern müssen “herausgelockt” werden. Dazu töten wir einen Laufburschen nach dem anderen und verursachen Schaden (meistens, indem einfach umherliegendes Geld gestohlen und kriminelles Personal um die Ecke gebracht wird), bis wir eine magische Grenze von beispielsweise 20.000 Dollar in Sachschaden erreicht haben. Erst dann findet sich einer der Obrigkeiten bereit, am Ort des Geschehens aufzutauchen; genau an dem Ort, wo wir zuvor alles “gesäubert” haben, und nun wieder hinfahren dürfen, um besagte Tätigkeit noch einmal durchzuführen—warum er nicht einfach weitere Schläger schickt oder was genau er ausrichten will, was schon fünfzig vor ihm nicht konnten, weiß derjenige wohl nur selbst, oder die Spieldesigner. Dabei gibt es jedoch keine Zwischensequenzen, keinen narrativen Einschub oder sonst irgendetwas, was einem einen Hauch von Spannung oder Dramatik spüren lässt.

Mafia 3 Vito Scarletta and Lincoln Clay

Die Entwickler (Hangar 13), obwohl sie es eigentlich besser können (wie in der ersten Mission sowie in den DLCs gezeigt wurde), haben sich hier für eine künstliche Streckung der Spiellänge durch ein äußerst offenes Missionsdesign entschieden. Konkret läuft es folgendermaßen ab: Ihr nehmt einen Auftrag an, beim ersten Mal noch mit einer hübsch inszenierten Zwischensequenz, sollt dann jemanden ausschalten. Nun ist es euch überlassen wann und wie ihr zum Ziel kommt oder ob ihr nicht sogar einen anderen Auftrag annehmt. Jetzt fahrt ihr also zum Ziel, steigt aus dem Wagen, ballert euch durch eine überschaubare Anzahl von Schergen und schaltet das Ziel aus. Dann steigt ihr in den Wagen und fahrt zurück oder zum gleich zum nächsten offenen Auftrag. Natürlich hat ein solches extensives Missionsdesign auch Vorteile. Spannung und das Gefühl, dass das, was ich gerade getan habe irgendeine Bedeutung hat, gehören nicht dazu. Denn es unterscheidte sich weder im Gameplay noch vom eigentlichen Aufbau der Mission auch nur annähernd von dem, was man eh schon die ganze Zeit macht.

Mafia 3 Vito Scarletta

Warum muss ich jedes Mal Schaden in der Summe X anrichten? Warum kann ich nicht z.B. ein Familienmitglied des Gangsters entführen, um ihn so zu mir locken? Warum bekomme ich keine schön designte Mission, in dem ich einen wertvollen Gegenstand aus eines seiner Verstecke stehle oder ihm während des Mittagsessen auflauere?

Wenn ihr Mafia I gespielt habt, denkt an das offizielle Automobilrennen, an dem ihr anstelle des Fahrers teilnehmt, auf den die halbe Stadt gewettet hat und vorher noch in einer Nacht- und Nebelaktion den Wagen von der Strecke stehlen, zur Werkstatt eures gangsterlichen Vertrauens zum Frisieren bringen, und noch vor der neuen Wachablösung der Strecke wieder zurückbringen müsst.

Ihr begleitet die Tochter eines Arbeitskollegen nach Hause und beschützt sie dabei vor Schlägern. Ihr schmuggelt Alkohol oder Zigarren, bemerkt dann aber später, dass es eigentlich Diamanten waren, was euch euer Don verschwieg. Ihr verfolgt einen ehemaligen Kollegen, der die Omerta brach, bis zu einem Flughafen oder treibt Schutzgelder ein, wobei einer eurer Freunde verletzt wird und ihr ihn rechtzeitig zu einem Arzt—der keine Fragen stellt—bringen müsst. Man besucht ein Bordell, um eine zu gesprächige Prostituierte zum Schweigen zu bringen und muss anschließend über Dächer fliehen, wobei die Flucht in einer Kirche endete, in der man wiedererkannt wird und eine Schießerei entbrennt.

Mafia 3 Alma Diaz Cuban Girl

Die Aufzählung könnte bei ca. 20 Missionen aus Mafia I und etlichen aus Mafia II noch weitergehen. In Mafia III ballere ich lediglich alles um, was mir am Missionsort vor die Flinte läuft. Das mag zur Rache-Story passen, ist aber dennoch einfallslos und langweilig. So gut die eigentliche Geschichte erzählt wird, so öde fällt das gesamte Missions-Design aus. Die Shooter-Mechanik macht Spaß, aber das hat bereits im Vorgänger gut funktioniert und ich sehe hier keinen Fortschritt.

Die Grafik jedoch, insbesondere die Gesichter der Personen, ist hübsch, die Beleuchtung hingegen wirkt oft etwas überzeichnet und surreal. Dazu kommen etliche niedrig aufgelöste Texturen, für die es keine höheren Optionen gibt. Dafür ist die Atmosphäre der 60er Jahre und der Umgang mit rassistisch motivierten Konflikten erstaunlich und die Musik ist ein wahres Klangfest für die Ohren.

Mafia 3 Karaoke Bar

Gegen Ende des Spiels nimmt die Erzählung und das Gameplay an Fahrt auf und nähert sich qualitativ wieder dem Anfang. Der recht kreativlose Mittelteil bleibt uns allerdings nicht erspart. Der große Kracher ist Mafia III, vor allem unter Berücksichtigung der hohen Erwartungen, nicht geworden. Eigentlich ist das auch nicht wunderlich, wenn man bedenkt, dass an diesem Spiel kaum Entwickler der alten Titel gearbeitet haben. Zusammen mit den vielen optionalen Missionen, die sich in ihrer Art nicht von den Hauptmissionen unterscheiden, bietet das Spiel einen enormen Umfang. Das muss man Mafia III einfach lassen. Die Hauptmissionen, aber, möchte man am liebsten, vergeblich, abkürzen, um schneller in der Geschichte voranzukommen. Man sollte sich also auf quälende Passagen einstellen und hier tatsächlich spielerisch keinen Nachfolger zu Mafia I und II erwarten. Im Grunde genommen ist es ein völlig anderes Spiel und Fans der ersten Stunden können fast nur enttäuscht werden.

Mafia III ist erhältlich via Steam, PlayStation Store und Xbox Live für 39,99 EUR.

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